Der Himmel stürzt ein

(Nach einem alten asiatischen Lebensgeschichten-Motiv von Karl-Heinz Schudt)
Ein großer Samurai hatte über die Jahre hinweg in unzähligen Kriegen schon viele Kämpfe für seinen Herren gewonnen. Nun aber verlor er seinen ersten Kampf. Gedemütigt, voller Zorn gegen sich selbst und den Rest der Welt, wollte er seinem nichtswürdigen Leben ein Ende bereiten. Er ritt die staubige Landstraße entlang, darüber nachsinnend, wie er sich nun am grausamsten und auffälligsten ins Jenseits befördern könnte. Da lag plötzlich vor ihm auf der Straße ein kleiner Spatz auf dem Rücken und streckte seine beiden Füße zum Himmel.
oooDer Samurai, in seinem Denken gestört, hielt an und schrie den Spatz an: "Geh mir aus dem Weg, Du nichtswürdiges Federvieh!" Der Spatz aber entgegnete ganz keck. "Nein, das werde ich nicht tun. Ich habe eine große Aufgabe zu verrichten." Der Samurai, ganz überrascht und erstaunt über die selbstbewusste Antwort des Spatzen, stieg von seinem Pferd ab, beugte sich zu dem kleinen Vogel hinunter und sprach: "Sage mir, was ist denn so wichtig, dass Du mir den Weg nicht frei machen willst?"
ooo"Oh", sagte der Spatz, "man hat mir gesagt, dass heute der Himmel auf die Erde fallen wird, und da liege ich nun, um ihn mit den Füßen aufzufangen." Als der Samurai das hörte, fing er an zu lachen und konnte beinahe nicht mehr aufhören. Schließlich rief er prustend: "Was, Du kleines Federknäuel willst mit Deinen dünnen Beinchen den Himmel auffangen?"
oooDa erwiderte der kleine Vogel ganz ruhig und gelassen:
ooo"Tja, man tut, was man kann."

Barbara Erbe

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